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Anwaltsvergütung für den gemeinsamen Vertreter im Spruchverfahren

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Im Spruchverfahren erhält der gemeinsame Vertreter der Antragsberechtigten, die nicht selbst Antragsteller sind, keine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV.

Verfahrensgebür für sonstige Einzeltätigkeiten nach Nr. 3403 RVG-VV

Dem gemeinsamen Vertreter steht keine Vergütung nach Nr. 3403 RVG-VV zu. Der gemeinsame Vertreter kann nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SpruchG eine Vergütung für seine Tätigkeit in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes verlangen. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich seine Tätigkeit in der Sache grundsätzlich kaum von der der Vertreter der Antragsteller unterscheidet, da es ebenfalls um die Wahrnehmung der Interessen der außenstehenden Aktionäre im Spruchverfahren gehe und er – unabhängig davon, ob es sich bei ihm um einen Rechtsanwalt handele – einen ähnlichen Aufgabenzuschnitt und Arbeitsaufwand wie die sonst am Verfahren beteiligten anwaltlichen Rechtsvertreter habe. Das rechtfertigt es, die Gebührentatbestände auf ihn so anzuwenden, als sei er Verfahrensbevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten.

Wenn er hinsichtlich der Gebührentatbestände wie ein Rechtsanwalt behandelt wird, der zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt ist, kann ihm keine Verfahrensgebühr für eine sonstige Einzeltätigkeit zuerkannt werden. Eine Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeit gemäß Nr. 3403 RVG-VV entsteht nach der gesetzlichen Erläuterung nur, wenn der Rechtsanwalt nicht zum Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten bestellt ist und einen Auftrag für sonstige Einzeltätigkeiten erhält. Ob Nr. 3403 RVG-VV anwendbar ist, wenn die Tätigkeit auch für einen Verfahrensbevollmächtigten gesonderte Gebühren auslösen würde, kann hier dahinstehen, weil die Bemühungen um eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung und die Koordination mit mehreren nicht vom Verfahrensbevollmächtigten vertretenen Verfahrensbeteiligten, auf die das Landgericht die Anwendung von Nr. 3403 RVG-VV gestützt hat, bei einem Verfahrensbevollmächtigten keine gesonderten Gebühren auslösen würde, sondern mit der Einigungsgebühr (Nr. 1003 RVG-VV) abgegolten wäre.

Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV

Der gemeinsame Vertreter erhält auch keine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV. Die Erhöhung scheitert allerdings nicht schon daran, dass der gemeinsame Vertreter vom Gericht beauftragt wird und damit nur einen Auftraggeber hat, obwohl der Eingangssatz von Nr. 1008 RVG-VV voraussetzt, dass Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen sind. Eine Erhöhung kommt in Betracht, wenn mehrere Personen an der anwaltlichen Tätigkeit gemeinschaftlich beteiligt sind und der Rechtsanwalt für mehrere Personen tätig geworden ist (§ 7 Abs. 1 RVG). Ob es einen oder mehrere Auftraggeber gibt, hängt nicht davon ab, wer dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Eine Erhöhung kommt daher auch in Frage, wenn allein der Staat Auftraggeber ist, der Auftrag aber mehreren Personen nützen soll.

Der gemeinsame Vertreter ist aber nicht im Sinn der Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV für mehrere Personen tätig. Nach dem Sinn und Zweck von Nr. 1008 RVG-VV soll mit der Erhöhung dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand, insbesondere durch die laufende Informationsaufnahme und Unterrichtung durch den Rechtsanwalt, in genereller Weise Rechnung getragen werden. Zudem wird die Erhöhung in solchen Fällen mit dem für den Prozessbevollmächtigten bestehenden höheren Haftungsrisiko begründet.

Der gemeinsame Vertreter hat keinen Mehraufwand durch Informationsaufnahme und Unterrichtung mehrerer Personen, zumal die Antragsberechtigten, die keinen Antrag stellen, regelmäßig anonym bleiben. Er hat nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SpruchG die Stellung eines gesetzlichen Vertreters und ist in dieser Funktion von den keinen Antrag stellenden Antragsberechtigten unabhängig, an Weisungen nicht gebunden und nicht rechenschaftspflichtig.

Auch ein erhöhtes Haftungsrisiko besteht nicht. Zwar soll der gemeinsame Vertreter nach verbreiteter Auffassung bei einer schuldhaften Verletzung seiner Pflichten auf Schadensersatz haften. Seine Pflichten bestehen darin, die Interessen der keinen Antrag stellenden Antragsberechtigten zu wahren, insbesondere dadurch für die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Spruchverfahren zu sorgen, dass er bei einem Ausverkauf der Antragsteller das Verfahren fortführen kann. Da ihm insoweit ein weites Ermessen zukommt, sind Fälle, in denen er seine Pflichten verletzt und eine Haftung in Frage kommen könnte, praktisch kaum vorstellbar.

Für eine Gebührenerhöhung besteht auch deshalb kein Anlass, weil das Gesetz bereits bei der Bemessung des Gegenstandswerts berücksichtigt, dass der gemeinsame Vertreter mehrere Antragsberechtigte “vertritt”. Nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG ist der für die Vergütung des gemeinsamen Vertreters anzusetzende Gegenstandswert der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Geschäftswert. Als Geschäftswert war nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung (jetzt § 74 Satz 1 GNotKG) der Betrag anzunehmen, der von allen in § 3 SpruchG genannten Antragsberechtigten nach der Entscheidung des Gerichts zusätzlich zu dem ursprünglich angebotenen Betrag insgesamt gefordert werden kann und der mindestens 200.000 € und höchstens 7,5 Millionen € beträgt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – II ZB 4/13


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